Wissensplattform für Zukunftsorte
Die vermeintlichen Schwächen ländlicher, von Abwanderung betroffener Räume begreifen motivierte Macher*innen in jüngerer Vergangenheit als Chance, denn die dünn besiedelten Regionen bieten Experimentier- und Gestaltungsraum und sind attraktiv für Gemeinschaftsprojekte. Durch die Reaktivierung ländlicher Leerstände zu impulsstarken Wohn- und Arbeitsorten wird ein Transformationsprozess mit nachhaltigem sozialen, ökologischen und ökonomischen Mehrwert für das lokale Umfeld und die Kommune in Gang gesetzt. Die digitale Wissensplattform des Netzwerk Zukunftsorte bündelt und teilt Erfahrungen und Praxiswissen der Macherinnen und Immobilienbesitzer solcher gemeinwohlorientierten Impulsprojekte. Sie bietet den beteiligten Akteuren praxisnahe Lösungsansätze für den Aufbau und Betrieb von innovativen Kreativ- und Zukunftsorten.
Die zielgruppengerechte Ansprache und der starke Praxisbezug erleichtern den Nutzenden den Einstieg ins Thema und unterstützen bei ersten Schritten.
Unsere digitale Wissensplattform trägt auf verschiedenen Ebenen zur regionalen Entwicklung bei. Zentrales Ziel ist es mit der Wissensplattform eine anwendbare Hilfestellung exemplarisch für die uckermärkische Kleinstadt Angermünde im Speziellen sowie suburbane und ländliche Kommunen im Allgemeinen aufzubauen, um das Potenzial insbesondere kommunaler Leerstände sichtbar zu machen und ausgewählte Immobilien gemeinwohlorientiert wiederzubeleben, mit dem Ziel nachhaltig zur Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit der Stadtentwicklung bzw. Dorfentwicklung beizutragen. Kommunen erhalten über die Plattform gute Beispiel und praxisnahe Vorschläge und Anleitungen, wie die lokale Daseinsvorsorge und Angebotslage verbessert, die Digitalkompetenz erhöht und die Ansiedlung innovativer kreativer Wohn- und Arbeitsorte in alter Bausubstanz attraktiv und in Kooperation mit der Zivilgesellschaft gestaltet werden kann. Mittels der Wissensplattform erhalten die “Wegbereiter*innen” den Zugang zu neuen Zielgruppen – Großstädter*innen, Rückerer*innen, Familien, Fachkräfte und Gründer*innen -, welche die Nachbarschaft, Stadt und Region mit ihren gemeinwohlorientierten und gewerblichen Projekten bereichern möchten.
Parallel unterstützt die Wissensplattform die Projektakteure, also die “Macher*innen” bei Aufbau und Betrieb ihrer innovativen Wohn- und Arbeitsprojekte. Mit Hilfe gut aufbereiteter Informationen, Vernetzungsmöglichkeiten und digitaler sowie analoger Wissensaustausch-Formate werden sie befähigt, langfristig erfolgreich und tragfähig zu bleiben und positive Einflüsse und Entwicklungen in ihrer Region voranzutreiben.
Die Programmierung der Wissensplattform wurde auf Basis des Open Source CMS “Craft” umgesetzt. In der technischen Entwicklung wurde im Kern eine individuelle Plattform konzipiert und etablierte Software-Angebote (z.B. für Newsletter, Videoeinbindung) genutzt, um die Kosten der Programmierung gering zu halten. Für eine bestmögliche Nutzererfahrung und zielgruppengerechte Aufbereitung der Prozessphasen wurden individuelle Komponenten entwickelt. Inhaltliche Grundlage war das große Potential und Interesse an einer kuratierten und spezifischen digitalen Plattform für den Aufbau von Impulsorten, welche nützliche Hilfestellungen, Erstorientierung und Erfahrungsaustausch unterstützt und es möglich macht, das dargestellte Wissen zur Anwendung zu bringen. Das Netzwerk Zukunftsorte hat ab 2019 dazu zahlreiche Zukunftsort-Akteure, Forschende und Beratende befragt. Im Rahmen der Umfrage konnten Informationsbedarfe und bestehende Angebote im Bereich der Entwicklung von Wohn- und Arbeitsprojekten als Orientierung verwendet werden. Das wertvolle Wissen der Zukunftsort-Expert*innen wurde in sinnvoll in Schwerpunkten geclustert auf der Wissensplattform für Macher*innen sichtbar und konsumierbar gemacht. Zusätzlich wurde sukzessiv über unterschiedliche Quellen und Kooperationspartnerschaften hilfreiches Wissen zu relevanten Themen aufgebaut. Eigene Orteprofile geben detaillierte Informationen und Einblicken in die Praxisprojekte.
Der Aufbau der digitalen Wissensplattform für Wegbereiter*innen zur Unterstützung von Kommunen im Prozess der Leerstandsentwicklung wurde maßgeblich mit der Kooperationspartnerin Stadt Angermünde umgesetzt. Das gemeinsam entwickelte Konzept wurde innerhalb der Laufzeit des Modellvorhabens parallel als Reallabor vor Ort eangewendet. Vor allem durch das Teilprojekt Leerstands-Matching konnte wertvolles Wissen über Chancen, Hürden und Entwicklungsschritte sowie Methoden wie etwa die Vergabeart Konzeptverfahren anhand von zwei exemplarischen Immobilien in enger Kooperation zwischen Gemeinden, Eigentümerinnen und interessierten Gruppen erprobt werden und modellhaft in die Wissensplattform münden. Konkrete hilfreiche Infografiken und Materialien, Mustervorlagen für Ansatz und Prozess von Konzeptverfahren, Mustersteckbriefe für Immobilien, zeitliche Ablaufpläne und Workshopinhalte können dort abgerufen werden.
Das Praxiswissen wird in verschiedenen Formaten dargestellt: in zahlreichen Texten, Illustrationen, Audiokommentaren und Videointerviews, Zitaten und anschaulichen Prozessgrafiken. Die digitale Plattform wurde im April 2022 veröffentlicht und befindet sich seitdem im Realbetrieb.
Das NZO und die Stadt Angermünde waren bereits Projektpartner*innen, als es um die Entwicklung eines ersten Formats zum Zusammenbringen von Leerstand und engagierten Akteuren ging. Im Zuge dessen wurden gemeinsam erstmalig die Bedarfe der Kommune sowie die Bedürfnisse der Interessenten am Landleben und der Region analysiert. Daran konnte im Modellprojekt nahtlos angeknüpft werden. Zusätzlich konnte das Netzwerk Zukunftsorte in einem vorherigen Entwicklungsprojekt bereits bestehende technischen Werkzeuge auflisten sowie eine Vorarbeit für ein technisches Briefing leisten, die als Basis für die technische Umsetzung der Wissensplattform verwendet werden konnten.
Des Weiteren profitiert die Wissensplattform von Wissen eines großen Akteurs-Netzwerks und bestehende Kooperationen und Kontakte zu Expert*innen, die in die Erarbeitung der Inhalte für die Plattform erfolgreich eingebunden sind. Bestehende Erfahrungen mit diversen digitalen und analogen Formaten wurden in den Aufbau und Betrieb der Wissensplattform eingebracht und für die Öffentlichkeitsarbeit genutzt.
Die Bereitschaft und Offenheit der Stadt Angermünde zu Ideen und Möglichkeiten der Stadtentwicklung war ein wichtiger Faktor für den erfolgreichen Projektprozess. Die Beratung bei den Phasen und Schritten der Vergabe hat die Mitarbeitenden professionalisiert, ermutigt und inspiriert, selbst transformative Prozesse innerhalb der eigenen Verwaltung anzuschieben und diese darüber hinaus nach außen in die Bürgerschaft zu transportieren. Im Rahmen unseres Vorhabens wurde die Stadt Angermünde in Kontakt mit neuen Zielgruppen und Projektinitiator*innen gebracht und den kommunalen Mitarbeitenden Zugang zu digitalen Formaten ermöglicht, die ihre Digitalkompetenzen erweiterten.
Grundsätzlich steigt das Interesse an der Entwicklung brachliegender Gebäude, begünstigt durch den aktuellen Diskurs der Bauwende (Nachhaltigkeit, Umnutzung statt Abriss) und damit auch das Interesse an der Community und deren Tools. Die Wissensplattform ist anwendungsbezogen konzipiert und jede*r kann die Inhalte kostenfrei aufrufen und nutzen. Sie kann als Vorbild für weitere Wissensplattformen dienen, die bspw. im Rahmen von Forschungsprojekten entstehen und sich mit der Thematik alternativer Wege der Immobilienentwicklung nach Gemeinwohlaspekten, dem Prinzip der starken, vernetzten Impulsorte und deren Gelingensfaktoren beschäftigen.
Der begonnene Wissensaufbau und -transfer durch das Teilprojekt Leerstands-Matching wird im Rahmen des anschließenden Transferprojekts “Netzwerk für Zukunftsort-Kommunen” weitergeführt, da die Stadt Angermünde als Mitinitiatorin im Projekt eine zentrale Rolle spielt und die Vertretenden das angeeignete Wissen und Erprobtes im Netzwerk durch kollegialen Wissens- und Erfahrungsaustausch weitergeben.
Link zur Webseite: https://wissen.zukunftsorte.land/
Informationen
Stadt Angermünde
Fläche: 324,24 km²
Einwohner:innen: 15.000
46 Einwohner:in je km²
23 Ortsteile